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Superschnauzer

Autorenbild: Rouven BornRouven Born

Zwei Figuren prägen das Bild in Venezuela: Simón Bolívar und Hugo Chávez. Der staatlich betriebene Personenkult ist so allgegenwärtig, dass man ihn kaum noch wahrnimmt. Eine kleine Rundreise durch die absurde Welt der venezolanischen Propaganda.


Er sieht dich. Egal wo du bist, egal was du tust. Diese Botschaft will uns die sozialistische Regierung einprägen. Die stilisierten Augen von Chávez, dem ehemaligen Präsidenten von Venezuela, dienten ursprünglich als Wahlkampfwerbung im Jahr 2012. Die Anhängerinnen und Anhänger von Hugo Chávez trugen dieses Symbol auf T-Shirts oder Fahnen.


Als Chávez kurz darauf starb und sein Freund Nicolás Maduro Präsident wurde, ordnete Maduro an, dass diese Augen das ganze Land zieren sollten – auf Plakaten, an Mauern, an Wohnblöcken. Das gelang ihm: Es gehört zu den meistverbreiteten Symbolen im Land.



Maduro wollte signalisieren: Euer Chávez ist da, mit mir, neben mir. Überall. Als Maduro an die Macht kam, versuchten die Chavisten alles, den verstorbenen Chávez irgendwie auf Maduro zu übertragen. Allerdings wirkt Maduro im Vergleich zu Chávez eher langweilig, mit wenig Charisma, etwas holpriger in seinen Reden, wenig einnehmend und aufgesetzt. Während Chávez in seinen sonntäglichen 11-Uhr-Fernsehansprachen “Aló Presidente!” bis zu sechs Stunden gegen den Kapitalismus wetterte, schafft es Maduro am Sonntagabend oft nicht einmal auf zwei Stunden.


Er ist weniger impulsiv als Chávez und schafft keine Nähe zum Publikum. TV-Zuschauer konnten bei Chávez direkt in die Sendung anrufen und ihm mitteilen, wenn ihnen das Maismehl ausgegangen war.


Maduro tut das nicht. Er ist wenig impulsiv; nur am Ende seiner Fernsehübertragung wird er etwas lauter und beendet die Show mit “Hasta la victoria siempre!” - Immer bis zum Sieg, der Schlusssatz eines Briefes von Ernesto “Che” Guevara kurz vor seinem Tod.


Auch die Anti-Kapitalismus-Tiraden, die Chávez gebetsmühlenartig durch den Äther schickte, sind unter Maduro weniger geworden.




Sonntag für Sonntag predigt Maduro über Chávez, als würde Chavez gleich den Raum betreten und die Präsidentschaft erneut übernehmen.


Dass Chávez selber den Personenkult um sich vorangetrieben hat, zeigt schon sein Grundsatzprogramm der sozialistischen Einheitspartei Venezuelas aus dem Jahre 1999: Dort wird Chávez Namen 13 Mal genannt, wie das Ibero-Amerikanische Institut in Berlin nachgezählt hat. Öfters als seine ideologischen Vorbilder Fidel Castro oder Karl Marx.


Der Personenkult um Chávez nimmt auch groteske Züge an: An bestimmten Orten ist es gar verboten, Chávez (und Maduro) zu kritisieren:




Grotesk wird es auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer des staatlichen Fernsehsenders VTV (Venezolana de Televisión). Seit dem Machtantritt von Hugo Chávez ist der Sender komplett in der Hand der Regierung. Wer den Sender längere Zeit konsumiert, bekommt den Eindruck, dem Land gehe es prächtig. Es ist von einer prosperierenden Wirtschaft die Rede (Mittwoch ist immer der „Miércoles Productivo“), von komplett neu errichteten Straßenzügen. Zu sehen sind lachende Menschen, die in die Kamera winken. Die 95 Prozent der Menschen, die kaum etwas verdienen und unter der Armutsgrenze leben, werden in keiner Sendung erwähnt.


Sollte die miserable Wirtschaftslage dennoch thematisiert werden, wird meist von einem „guerra económica“ gesprochen, einem Wirtschaftskrieg mit der kapitalistischen Welt. In Wahrheit befindet sich Venezuela in einer wirtschaftlichen Rezession, die nichts mit einem Krieg zu tun hat. Dennoch wird betont, dass man auch diesen „Krieg“ meistern werde.


Dass Venezuela ständig vorgibt, sich im Kampfmodus zu befinden, zeigt auch die Trickfilmserie, die abends vor dem Kinderprogramm ausgestrahlt wird. “Superbigote” heißt diese Serie. Der Superbigote ist kein Geringerer als Nicolás Maduro, der als Superman das venezolanische Volk vor dem Einfluss des damaligen US-Präsidenten Donald Trump rettet (Trump kommt dort noch immer vor, auch heute noch).








 
 
 

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